Frühe 1950er Imaginäres Opernhaus
»Aktivismus« scheint kein ungeeignetes Stichwort für den »Musikbetrieb« im Frankfurter Sender nach dem Zweiten Weltkrieg. Unberührt von aller Vergangenheit springt man in die Bresche für die weitgehend nicht mehr vorhandenen Konzertsäle und Opernhäuser.
Eine besondere Spezialität im Frankfurter Funkhaus sind die Opernproduktionen. Weit mehr als 100 Gesamtaufnahmen entstehen Ende der 40er bis Anfang der 50er Jahre. Dabei vollzieht sich ein immer wieder gleiches Ritual, das mit ersten Chor-, Orchester-, Solisten- und Sprecherproben über die Produktion bis hin zur Sendung führt. Was am Montag beginnt und in der Woche erarbeitet und aufgezeichnet wird, geht am Sonntag über den Sender. Nicht selten sind Aufnahmeleiter und Cutterin noch mit dem Schnitt der Akte II und III beschäftigt, während der erste schon im Radioprogramm zu hören ist.
Jede Woche neue Stars
In seiner Musikabteilung ist das Frankfurter Funkhaus in den 50er Jahren praktisch ein kleines Opernhaus mit einem festen Produktionsteam, dem Chor und dem Sinfonie-Orchester des Hessischen Rundfunks, und wechselnden Solistenensembles. Jede Woche kommen neue Stars; und sie kommen alle: ob Inge Borkh oder Annelies Kupper, Elfriede Trötschel oder Margarete Klose, Helge Rosvaenge oder Franz Fehringer, Gottlob Frick oder Heinrich Schlusnus, nicht zu vergessen jene, die erst später Stars werden sollten, wie etwa Christa Ludwig oder Dietrich Fischer-Dieskau.
Großes Repertoire
Die Repertoirevielfalt von damals lässt dabei noch heute jedes Opernhaus vor Neid erblassen: Denn es gab neben dem komplettem »Ring« Wagners eben nicht nur »La Traviata«, »Die verkaufte Braut«, »Die Zauberflöte«, »Carmen« oder »Fidelio«, sondern ebenso Schrekers »Der ferne Klang«, Meyerbeers »Afrikanerin«, Giordanos »Andrea Chenier« und »Fedora«, d'Alberts »Tiefland«, Wolfs »Corregidor«, Pergolesis »La serva padrona«, Gottfried von Einems »Der Prozess«, Puccinis »Le villi«, Winfried Zilligs »Troilus und Cressida« und, und, und …