Strahlendes Blech Trumpet in Residence
Die Trompete ist in der Spielzeit 2023/24 »Künstlerin in Residence«. In vielen Programmen kann man sie als Solistin mit prominentesten Vertreter*innen ihres Fachs genießen. »Endlich!« werden viele denken – und das aus gutem Grund. Denn die Trompete, sie ist nicht von dieser Welt. Jedenfalls war sie es für lange Zeiten nicht.
Das edle Blechblasinstrument gehörte lange nicht in die Sphäre der Künste, sondern in die der Macht. Trompeter hatten bis weit in das 18. Jahrhundert hinein ihre Aufgabe im Militär, und auch wenn sie im Orchester Platz nahmen, behielten sie ihren sozialen Sonderstatus: Musiker zählten zum Dienstpersonal, Trompeter keinesfalls. Trompete konnte man auch nicht einfach lernen wie die Geige oder den Bass, nein: Zunftmeister des goldenen Instruments bildeten Gesellen aus, und nur wer sich auf dem Schlachtfeld – wo die Trompete als Signalgeber das einzige Kommunikationsmittel war – bewährt hatte, durfte sein Wissen weitergeben.
»Zur größeren Ehre Gottes«
Das Instrument mit seinem glänzenden Ton war zum Symbol von Herrschaft und Macht geworden und stand allein den Obersten zur Verfügung. Oder gleich dem Höchsten, denn welchen Klang konnte man besser »ad maiorem Dei gloriam«, also »zur größeren Ehre Gottes« einsetzen als den des prestigeträchtigen Rohrs?
Ein Trompeter der Extraklasse ist Sebastian Berner, seit 2022 Solo-Trompeter im hr-Sinfonieorchester. Er hat im Herbst 2022 den Maurice-André-Wettbewerb gewonnen, den wichtigsten Trompetenwettbewerb der Welt. Worauf wir alle sehr stolz sind. Und so wird er in der »Trompeten-Saison« gleich mehrfach Gelegenheit haben, sein solistisches Potenzial zu präsentieren: in dem virtuosen Konzert Henri Tomasis etwa, aber auch in einem der raren Trompeten-Doppelkonzerte, und zwar jenem von Antonio Vivaldi.
»Ein ganz eigenes Königreich im Orchester«
Des besonderen Status' der Trompete war sich auch der Ausnahme-Musiker Fazıl Say bewusst, als er sein Doppelkonzert für die beiden Star-Solisten Gábor Boldoczki und Sergei Nakariakov schrieb – und damit für zwei Musiker, die sich gewissermaßen den Thron teilen. Die Trompete, sagt der Komponist, bilde ja ein »ganz eigenes Königreich im Orchester«. Sein Doppelkonzert erlebt mit dem hr-Sinfonieorchester und den beiden Stars in dieser Saison seine Deutsche Erstaufführung.
Laura Vukobratović und Pacho Flores heißen die beiden weiteren Meister*innen des hohen Tons, die nach Frankfurt kommen werden. Vukobratović war bereits mit 18 Jahren Solo-Trompeterin am Opernhaus ihrer serbischen Heimatstadt. Heute zählt sie zur Elite nicht nur auf der üblichen Ventiltrompete, sondern ebenso auf der Piccolo- und der barocken Naturtrompete. Im Barockfach kann man sie bei uns auch hören: im 2. Brandenburgischen Konzert von Bach. Francisco »Pacho« Flores wurde in Venezuelas Programm der Kinder- und Jugendorchester El Sistema ausgebildet und ist heute international ein überaus gefragter Solist. Und er weiß durch seine Virtuosität wie seinen jugendlichen Charme gerade auch junge Zuhörer mitzureißen, was er beim Music Discovery Project des hr-Sinfonieorchesters unter Beweis stellen wird.