Sony RCA Hans Rott: 1. Sinfonie / Suite für Orchester B-Dur
Eine der überraschendsten Entdeckungen im Bereich der spätromantischen Sinfonik präsentieren das hr-Sinfonierochester und Paavo Järvi auf dieser CD: die nachgelassene 1. Sinfonie E-Dur des geistig früh dem Wahn verfallenen Österreichers Hans Rott.
Man könnte sie Mahlers »Nullte« nennen: diese klangmächtige 1. Sinfonie von Hans Rott. Denn wie keine andere spricht diese Sinfonie des jung verstorbenen Studienkollegen Gustav Mahlers dessen musikalische Sprache – und dies, obwohl sie Jahre vor Mahlers 1. Sinfonie entstand. Eine erstaunliche Komposition, die den Wiener Hans Rott zum eigentlichen »Begründer der neuen Sinfonie« macht, wie sie Mahler verstand, und deren Entdeckung der Musikwelt seit den 1990er Jahren große Rätsel aufgibt.
Der junge Rott war eines der vielversprechendsten Talente seiner Zeit. Sein Lehrer Anton Bruckner wie Mahler selbst hielten größte Stücke auf ihn. Doch als Rott in »halluzinatorischem Irrsinn und Verfolgungswahn« einen Mitreisenden im Eisenbahnabteil mit einem Revolver bedrohte, wurde der erst 22-Jährige in eine Irrenanstalt eingewiesen, wo er wenige Jahr später auch verstarb. Ende einer Karriere, die Bahnbrechendes hätte bringen können. Hans Rotts E-Dur-Sinfonie jedenfalls zeugt von ungeahnter Kraft und Modernität.
In Weltersteinspielung stellen das hr-Sinfonieorchester und Paavo Järvi auf dieser CD darüber hinaus die »Suite für Orchester in B-Dur« vor, ein letztlich unvollendetes Werk, das Rott ein Jahr vor seiner 1. Sinfonie entworfen hat. Die überlieferten Skizzen zu zwei der vier geplanten Sätze hat der Frankfurter Musikwissenschaftler Johannes Volker Schmidt jüngst zu einer spielbaren Version ergänzt.