Arthur Honeggers Oratorium in Star-Besetzung Jeanne d’Arc au bûcher

Eine Oscar-Preisträgerin im Saison-Programm des hr-Sinfonieorchesters Frankfurt? Dies kommt selten vor. Dabei ist der Oscar, den die französische Schauspielerin Marion Cotillard bekommen hat – 2008 als erst zweite Hauptdarstellerin in einer fremdsprachigen Rolle seit der Italienerin Sophia Loren –, nur das Tüpfelchen auf dem »i« gewesen.

Marion Cotillard
Marion Cotillard Bild © Eliott Bliss

Mit der berühmten goldenen Figur bedacht wurde sie für ihre Darstellung der Édith Piaf in »La vie en rose«, doch schon zuvor und ebenso danach erntete sie Filmpreise aller Arten. Kein Wunder, die Französin mit der markant-eleganten Präsenz macht überall eine hervorragende Figur, ob in der Batman-Verfilmung »The Dark Knight Rises« oder in der Chanel N°5-Werbekampagne, ob als Woody-Allen-Komödiantin oder als Dior-Mode-Ikone. Oder eben als Jungfrau von Orléans.

Nicht auf der Leinwand aber ist sie als Jeanne d’Arc zu sehen, sondern in einer Sprechrolle live im Großen Saal der Alten Oper – als Protagonistin des Oratoriums Johanna auf dem Scheiterhaufen von Arthur Honegger. Hier wiederum ist Marion Cotillard selbst das Tüpfelchen auf dem »i« – ist es doch ein erlesenes und ausgesprochen namhaftes Aufgebot, das sich diesem eigenwillig-originellen Werk annimmt. Mit den mächtigen Chorstimmen des Wiener Singvereins, und dem Kinderchor der Oper Frankfurt, zwei weiteren Schauspielern (Éric Génovèse und Basile Alaïmalaïs) und fünf Gesangssolist*innen unter der musikalischen Leitung von Chefdirigent Alain Altinoglu.

Mysterienspiel mit Rückblendetechniken des Kinos

In elf Szenen schildert das Oratorium die Geschichte der Märtyrerin Johanna, die 1428 als Sechzehnjährige Lothringen verließ, um Frankreich von den Engländern zu befreien. Politischen Machtinteressen fällt sie zum Opfer, Ausgangspunkt für Honegger ist der Tag ihrer Hinrichtung – von der ersten Szene an ist Jeanne d’Arc »au bûcher«, also »auf dem Scheiterhaufen«. Dazu gibt es eine zweite zeitliche Ebene: das besetzte Frankreich nach Beginn des Zweiten Weltkriegs. Honegger komponierte also keine historische Oper, vielmehr eine Art Mysterienspiel oder Parabel mit Elementen des antiken Dramas, aber auch mit Rückblendetechniken des Kinos.

Alles Tragödie auf dem Scheiterhaufen, dunkel und archaisch? Weit gefehlt! Honegger öffnet die verschiedensten musikalischen Räume, vom altehrwürdigen Choral bis zum jazzigen Music-Hall-Sound, hier klingt es subtil ausdifferenziert, dort übersteigert pathetisch, da karikierend ordinär, Kabarett steht neben Himmelschören. Ein versatiles Klanggemälde, das seinesgleichen sucht.

Elektronische Wunderinstrumente aus frühen Tagen

Selten wird das Orchester dabei so klingen, wie man es kennt. Klaviere werden so präpariert, dass sie wie Cembali tönen, Saxofone haben ihren großen Auftritt, und Ondes Martenot, diese elektronischen Wunderinstrumente aus frühen Tagen, sorgen für Gänsehaut-Effekte. Der Aufwand, Jeanne d’Arc au bûcher in ihrer ganzen Komplexität auf das Podium zu bringen, ist enorm – umso mehr, weil in diesem Fall Aufführungen auch in Hamburg, Paris und Wien auf dem Spielplan stehen.

Weitere Informationen

Konzerte

Große Reihe:

Do 12.12.2024
Jeanne d’Arc


Auf Tour:

Fr 13.12.2024
Philharmonie Paris

Mo 16.12.2024
Musikverein Wien

Mi 18.12.2024
Elbphilharmonie Hamburg

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Quelle: hr-Sinfonieorchester